Die Leute am Giesinger Bahnhofsvorplatz verreisen nicht. Sie fahren U-Bahn und Bus, suchen Taxis und S-Bahn. Hier geht es ums schnelle Umsteigen. Und ums Warten. Reichlich Betrieb entsteht durch diese beiden Aktivitäten. Ohne ordnende Struktur findet man sich kaum zurecht. Allein sieben Buslinien halten an diesem Platz.Wir schlagen vor, alle diese Verkehrsströme unter einem Dach zu bündeln. Alle Umsteigeplätze sind unter diesem Dach erreichbar, daher wird das Dach an einem Ende bis zur Straßenbahnhaltestelle, am anderen Ende bis zur S-Bahnstation geführt.
Da alle Umsteigeplätze auch Warteplätze sind, wünschen wir uns ein lichtes Dach, eher eine Pergola als ein Dach. Die Wartezeit verliert sich bei einem ständig wechselndem Farbspiel, bei Lichtreflexionen, Lichtpunkten, die bei Sonnenschein wie Sterne vom Himmel fallen und den Platz definieren. Nachts kann von den Lichtbändern eine fluoreszierende Wirkung ausgehen, so dass auch bei Dunkelheit das Dach noch als Leitsystem funktioniert. Die Farben des Daches werden aus der farbigen Ordnung der Verkehrsstruktur übernommen und durch die Verwendung von GFK als Material zu einem farbigen, nicht bunten Sonnenschutzglas. Der Giesinger Bahnhofsvorplatz wird zum Platz unter der Sonnenbrille.
Die Tragkonstruktion wurde aus der Vorstellung geflochtener Bänder entwickelt. Dabei wurde ein modulares System von Bändern aus glasfaserverstärktem Kunststoff gewählt, welches extrem leicht und selbsttragend ist. Die Tragfähigkeit der Konstruktion wird über die Krümmung erreicht, deren Tragmechanismus auch in Querrichtung der Bänder durch biegesteife Knoten-Stab-Verbindungen nutzbar wird. Zur weiteren Versteifung dienen Plexiglasscheiben, die in einige der entstehen vertikalen Öffnungsfelder eingesetzt werden. Als Matrixmaterial wird Epoxidharz gewählt, ein klares Harz mit hohen Festigkeitswerten und geringer Schwindneigung. Bei mittleren Faseranteil wird ein Lichtdurchlässigkeit von 50 - 70 % erreicht, es entsteht ein gedämpftes warmes, sehr weiches farbiges Licht. Das multidirektionale Fasergewebe kann beispielsweise ein neuartiges Abstandsgewebe nach dem Vorwerkpatent sein. Nach dem Prinzip der sich wiederaufrichtenden Teppichschlingen wird eine Fasermatte gewebt, die aus zwei Deckschichten und dazwischenliegenden Schlingen besteht. Während
des Laminiervorganges entsteht durch das Aufrichten der Schlingen ein höchst tragfähiges, dünnes (2 cm) Sandwich mit geringem Harzverbrauch.